„Und da er das zweite Siegel auftat, hörte ich die zweite Gestalt sagen: Komm! Und es ging heraus ein anderes Pferd, das war feuerrot. Und dem, der darauf saß, ward gegeben, den Frieden zu nehmen von der Erde und dass sie sich untereinander erwürgten, und ihm ward ein großes Schwert gegeben“ (Offb. 6,3-4).
Im Buch der Offenbarung werden sieben Siegel geöffnet. Mit Vollendung der Geschehnisse im siebenten Siegel ist die Endzeit abgeschlossen und es beginnt die „neue Zeit“, das Tausendjährige Reich.
Die sieben Siegel gliedern die Ereignisse des Endes in sieben Abschnitte. Der Reiter auf dem weißen Pferd kommt nach Öffnung des ersten Siegels. So kann man sagen: Der erste Abschnitt der Trübsalszeit wird gekennzeichnet durch das Offenbarwerden des Antichristen, der seinen Siegeszug beginnt. Er hat Königsformat, der auszieht „sieghaft und dass er siegt“. Er ist der „starke Mann“, der stürmisch die Weltbühne betritt; der neue Herrscher! Er ist der auf seine Art alle Länder vereinigende Staatsmann, der viel umjubelte Retter, der aus der Weltkrise herausführt, die Rezession stoppt, die Währung stabilisiert. Er ist der, der Wohlstand, wirtschaftlichen Aufschwung, technischen Fortschritt, soziale Gerechtigkeit verspricht in einem noch nie da gewesenen Ausmaß. Man wird ihm Glauben schenken. Alle Faktoren werden günstig für ihn stehen. Dazu wird er noch andere Voraussetzungen finden, die seine Macht stabilisieren, wie dies keinem Herrscher zuvor möglich gewesen ist. Seine Plattform ist global – weltweit.
Die alles umfassenden Ausdrücke: Weltpolitik, Weltreligion, Weltkirche, Weltwirtschaft, Welt-währung, werden mit seinem Auftreten scheinbar Realität werden. Wissenschaft und Forschung werden einen Stand erreicht haben, der auf allen Gebieten, vorrangig in militärischer Hinsicht, den Sockel fest zementieren, auf dem er, der Antichrist, steht. Doch lassen wir uns nur nicht täuschen; mag er sein, wer er will, der mit solchem Blendwerk umgeht.
Erinnern wir uns an Adolf Hitler, an den „starken Mann“ der dreißiger Jahre, der mit ähnlichen Versprechungen kam, entsprechende Maßnahmen traf und auch tatsächlich Veränderungen schaffte, die, auf den ersten Blick gesehen, positiv waren? Welche Verheißungen schwangen in seinen „alle mitreißenden Reden“, die das Volk in einen Begeisterungstaumel brachten: „Gebt mir zehn Jahre Zeit und ihr werdet eure Städte nicht wieder erkennen“ oder „ihr werdet sonnige und luftige Wohnungen haben“. Mit anderen Vorzeichen „prophetische Aussprüche“, bedenkt man das traurige Ende und die Tatsache, dass man die deutschen Städte bei Kriegsende nicht wieder erkannte und die meisten Wohnungen so „sonnig und luftig“ waren, dass nur noch Ungeziefer in den Ruinen hauste.
Auch der Antichrist wird einen „Dr. Goebbels“ haben, einen Propaganda-Minister – den „falschen Propheten“. Und wie jener unter Hitler den „totalen Krieg“ proklamierte, und alles Volk stimmte damals in Berlin zu und jubelte vor Begeisterung, so wird es auch dann wieder sein. Der „große Herrscher“ wird zunächst Frieden bringen. Das wird für alle Menschen die eindrucksvollste Legitimation seiner Herrschaft sein. Es wäre nicht verwunderlich, wenn er auf demokratischem Wege zur Macht käme. Das war bei Hitler nicht anders gewesen. Aber mit seinem Machtantritt werden noch nicht alle Staaten der Welt unter seiner Krone sein. Und so wird er zunächst den Frieden auf dem Programm haben, damit er in Ruhe seine Vorbereitungen treffen kann, und danach braucht er den Krieg, um sich die Völker zu unterjochen. Und wenn es dann mit „Donnerstimme“ ruft: Komm! Und der zweite Reiter, der feuerrote die Weltbühne betritt, dann wird die Menschheit zutiefst erschrecken. Haben sie nicht noch soeben alle gerufen: „Es ist Friede, es ist Friede, und ist keine Gefahr!“? (1. Thess. 5,3).
Das Mächtigwerden des Antichristen erfolgt nicht ohne kriegerische Ereignisse. Das verdeutlicht der „Reiter auf dem roten Pferd“. Ihm ward ein großes Schwert gegeben und „den Frieden zu nehmen von der Erde.“ Es ist demnach Friede, bevor er kommt, wohl aber nur für ganz kurze Zeit.
Ohne Zweifel wird der Antichrist von der größten Woge einer weltumspannenden Anschauung und Idee empor gespült. Einen Hinweis haben wir auch in dem Bild des Tieres, das aus dem „Meer emporsteigt“ (Offb. 13 und Dan. 7). Das Meer ist eine Illustration für das brausende Völkergewoge. Ich habe mir meine eigenen Schlüsse gezogen, die ich aber jetzt nicht wiedergeben will. Vielleicht werde ich zu einem anderen Zeitpunkt darüber sprechen. Aber so viel steht fest, dass es sich bei der Basis für den Antichristen nicht um eine nationale Bewegung handeln kann. Die Idee, die allem zugrunde liegt, wird weltweit bestehen. Sie wird auf ihre Art und Weise alle Völker durchdringen oder unterwandern, und sie wird unter Gewaltanwendung die Unbotmäßigen unterwerfen. Das zeigt das Auftreten des „roten Reiters“, der Krieg bedeutet.
Kriege sind Produkte der Menschen. Gott lässt sie zu. Gott gebraucht Kriege auch, um Völker groß oder klein zu machen, um die Gottlosigkeit zu bestrafen, um die Weltgeschicke in die von Ihm vorgezeichneten Bahnen zu lenken. Gott will nicht grundsätzlich, dass es Kriege gibt. Es ist nicht so, dass diese seiner Willkür entspringen würden. Sie sind Produkte des Menschen, werden aber im Gesamtplan der Weltgeschichte von Gott benutzt und geduldet. Das jetzt anhand der Bibel zu untersuchen, würde in diesem Rahmen zu weit führen.
Man hört viele Menschen immer wieder sagen: „Wie kann Gott gerecht sein, wenn er solches zulässt?“ – Gottes Maßstäbe sind anders als die unseren. Er bezieht auch das Jenseits in seine Planungen mit ein. So wird auch die Anschuldigung gegen Gott entkräftet, dass durch seine Zulassung so viele unschuldige Menschen leiden müssten. Abgesehen davon, dass erst deren Unschuld unter Beweis gestellt werden müsste, wissen wir aus dem Gleichnis vom „reichen Mann und dem armen Lazarus“, dass der letztere sein gutes Teil im Jenseits bekam. Also, Gott wird die „Unschuldigen“ entsprechend beurteilen und ihnen im Jenseits gerechte Vergeltung zuteilwerden lassen. Darüber braucht sich der Mensch nicht die größten Sorgen zu machen.
Natürlich wird derjenige, der nicht an die Ewigkeit glaubt, kein Verständnis für solches Handeln Gottes haben. Das ändert aber nichts an der Tatsache, noch viel weniger an Gottes Gerechtigkeit und Weisheit. Viel wichtiger ist es, wenn sich der Mensch Sorgen über die Ursachen der Kriege macht, die es nun schon seit nahezu sechstausend Jahren auf Erden gibt. Lassen wir Gottes Wort sprechen und uns den Spiegel vor das Angesicht halten:
„Woher kommt Streit und Krieg unter euch? Kommt’s nicht daher: aus euren Lüsten, die da streiten in euren Gliedern? Ihr seid begierig und erlangt es nicht damit; ihr mordet und neidet und gewinnt damit nichts; ihr streitet und kämpft“ (Jak. 4,1-2).
„Da ist keiner, der gerecht sei, auch nicht einer. Da ist keiner, der verständig sei; da ist keiner, der nach Gott fragt. Sie sind alle abgewichen und allesamt untüchtig geworden. Da ist keiner, der Gutes tue, auch nicht einer. Ihr Schlund ist ein offenes Grab; mit ihren Zungen handeln sie trügerisch. Otterngift ist unter ihren Lippen, ihr Mund ist voll Fluchens und Bitterkeit.
Ihre Füße sind eilend, Blut zu vergießen; auf ihren Wegen ist lauter Schaden und Herzeleid, und den Weg des Friedens wissen sie nicht. Es ist keine Furcht Gottes bei ihnen!“ (Röm. 3,10-18).
Man kann auch kurz und bündig sagen: der Mensch ist ein Egoist. Dies ist die Ursache von Zank und Streit und Krieg. Was schon in den Familien nicht ohne klare Hinwendung zu Gott möglich ist, das ist viel weniger innerhalb eines ganzen Volkes möglich, und im Verkehr der Völker miteinander schon gar nicht, nämlich wahrer Friede! Krieg war immer die letzte Entscheidung des Menschen, Probleme zu lösen, wenngleich alle wissen, dass es die dümmste Entscheidung ist. Wohl haben Kriege alte Ordnungen umgestoßen, vielfach wirklich solche, die ihre Daseinsberechtigung verloren hatten, was anscheinend ein positives Produkt von Kriegen ist. Die neuen Ordnungen brachten aber wiederum so viele Probleme mit sich, dass manche Leute gleich wieder daran gingen, auch diese umzustoßen.
Das Grundübel ist der Mensch selbst und die Tatsache, dass er trotz tausend Erfahrungen nicht bereit ist, Gott anzuerkennen und seine Herrschaft zu akzeptieren. So wird es eben Kriege geben, bis Gott selbst eingreifen und die menschlichen Ordnungen zerstören wird, um eine göttliche Ordnung zu schaffen. Das wird dann die Basis für den Frieden sein, der im Tausendjährigen Reich auf Erden herrschen wird.
Während der Zeit, die gekennzeichnet ist von den sieben Siegeln der Offenbarung, werden die Menschen in besonderer Weise gegen Gott reden – aber auch Gott wird reden. Die Menschen werden sich untereinander zerfleischen und Gott wird vom Himmel her Katastrophen senden und die Welt richten. Wann immer sich irgendeine „menschliche Größe“ anschickte, getrieben von einem übersteigerten Sendungsbewusstsein, die Menschheit auf seine Weise zu „beglücken“, war Krieg der Vasall. Der Reiter auf dem roten Pferd war schon immer aktuell. Er ist für die Menschheit ein „alter Bekannter“. So wird der Krieg auch der Vasall des Antichristen sein.
Es gibt nur eine Bewegung in der Welt, die sich ohne Krieg ausbreitet: das ist die „Bewegung des Jesus von Nazareth“. Ich kann nicht einmal sagen, es sei das Christentum. Denn was unter diesem Namen durch die vergangenen Jahrhunderte gelaufen ist, hat bewiesen, dass es in nichts anders denkt und handelt als alle die anderen Bewegungen in der Welt. Und blickt man in die Offenbarung, mit dem Verständnis dafür, wer wohl das „Weib auf dem Tier“ ist, die „Mutter aller Gräuel auf Erden“, die dann „trunken ist vom Blut der Heiligen“ (Offb. 17,6), dann wundert man sich nicht mehr darüber, wenn Johannes beim Anschauen dieser Geschehnisse ausspricht: „Und ich wunderte mich sehr, als ich sie sah“ (Kapitel 17,6).
Nein, nicht das, was man als Christentum bezeichnet hat und fälschlicherweise noch immer bezeichnet, ist „Christentum“. Ich wiederhole: Es gibt nur eine Bewegung in der Welt, die sich ohne Krieg ausbreitet, und das ist die Bewegung des Jesus von Nazareth. Das wird auch nicht von Jesu Ausspruch entkräftet, dass er nicht gekommen sei, Frieden zu bringen, sondern das Schwert (Matth. 10,34-36). Denn das sagt er im Hinblick auf die Bosheit der Menschen, die sich dazu hinreißen lassen, Jesu Nachfolger zu bedrängen und zu verfolgen.
Der Reiter auf dem Roten Pferd ist die Schreckensgestalt, vor der alle Welt zittert; unter welchem Schuldige und Unschuldige leiden. Dennoch ist das Gros der Menschheit unbelehrbar. „Den Weg des Friedens kennen sie nicht!“ (Röm. 3,17). Und warum? Weil sie selbst nicht bereit sind, den Frieden Gottes anzunehmen.
Hochmut, Krieg, Not und Tod ist die konsequente Reihenfolge, in der die vier apokalyptischen Reiter auftreten, die Geschehnisse der ersten vier Siegel beherrschend. Zum letzten Mal galoppieren sie über die Erde, die sie schon ungezählte Male mit den Hufen ihrer Pferde zerstampften. Aber es wird der Tag kommen, an dem Jesus Christus die Rosse abhalftern und ihre Reiter an den Ort verweisen wird, an den sie gehören. Dann erst wir Friede sein auf Erden.