Nahezu sechstausend Jahre sind seit Adam vergangen. Ein siebtes Jahrtausend ist der Menschheit verheißen. Nennen wir es, nach sechs Jahrtausenden bewegter, unter dem Einfluss des Weltgeistes stehender Menschheitsgeschichte, den „großen Völkersabbat“; dann wird Christus mit den Seinen regieren.
Wir lesen in der Bibel, dass vor Gott tausend Jahre nicht mehr bedeuten als für uns Menschen ein Tag. Demnach kann man sagen, als Johannes die Schau empfing, waren die „ersten Tage“ der Menschheitsgeschichte vergangen. Das ihm Offenbarte ist für die „letzten Tage“.
Über die nun nahezu zweitausend Jahre seit Gründung der Gemeinde Jesu, am Tag der Pfingsten in Jerusalem, wird wenig ausgesagt. Wir erkennen die Gemeinde Jesu, wir sehen den Zustand der örtlichen Gruppierungen innerhalb der Gemeinde Jesu, und wir hören die Mahnung, in Jesu Spuren zu bleiben, um am Tag der Versuchung bestehen zu können. Die gewaltigen Ereignisse im bewegten Völkermeer werden jedoch nicht erwähnt.
Weder die Völkerwanderung noch der dreißigjährige Krieg; weder die Mongolenstürme noch das Aufkommen des Islam; auch nicht Napoleon, Hitler, Stalin und andere werden aufgeführt. Diese und viele andere Geschehnisse fallen zunächst nur unter das Wort Jesu: „Es werden Kriege sein und Geschrei von Kriegen; aber das Ende ist noch nicht da.“ (Matth. 24,6).
Selbst die Propheten sagen kaum etwas über diese Zeit. Sie enden in der Regel damit, dass sie die Zerstreuung des Volkes Israel und die Heilsverheißungen an die Heiden weissagen. Sie beginnen aber von neuem ihre Prophetie über die Geschehnisse der „Zeit am Ende der Tage“, also damit, dass sie sehr nahe an die Endzeitereignisse heranrücken, über die auch Johannes berichtet, oder dass sie diese mit anderen Bildern und Worten bestätigen. Sie weissagen über die Rückführung des Volkes Israel aus allen Nationen und Heiden und über die unmittelbar folgenden Geschehnisse. (So wurde Israel 1948 wieder zu einem eigenen Staat im Land der Väter). Johannes setzt sogar etwas später an und beginnt mit dem ersten Siegel der Offenbarung, das geöffnet wurde, also mit dem „Reiter auf dem weißen Pferd“.
Wir sehen die vier apokalyptischen Reiter schon in den prophetischen Schriften des Alten Testamentes, (Sacharja 6,1-8). Sie bedeuteten, wann immer sie über die Erde galoppierten: Eroberungsdrang, Krieg, Not und Tod. Der erste ist stets der Anführer, sein Gefolge ist Verderben für die Menschheit. Die Geschichte lehrt uns, dass der vom Teufelsgeist geschürte Hochmut einflussreicher politischer und religiöser Führer schon viele Menschen verführt hat, wenn auch unter Gottes Zulassung, der entsprechende Geschehnisse als Geisel für die Menschheit benutzt.
Wir erkennen die vier Reiter zur Zeit des Alten Bundes im Werden und Vergehen der großen Reiche Ägypten, Assyrien, Babylonien, Persien Griechenland; später im römischen Reich und schließlich in den zahllosen Begebenheiten der neuen Zeit nach Christi Geburt.
Wenn Johannes die vier apokalyptischen Reiter wiederum als Ausgangsbasis für das gesamte Endzeitgeschehen nimmt, so wie der HErr es ihm offenbarte, gleichsam als Ouvertüre zu der gewaltigen Tragödie der Menschheitsgeschichte, die unmittelbar folgt, so unter dem Gesichtspunkt, dass diesmal eine ganz besondere Gestalt ihr Anführer ist. Durch diesen und auch wegen diesem finden viele Ereignisse statt, die wir als die „endzeitlichen“ bezeichnen; ich meine den Antichristen.
Wohl sagen die Apostel: Es sind viele Widerchristen. Und tatsächlich, durch die vergangenen Jahrhunderte zählen sie nach Legionen. Herodes, Nero, Domitian, Alexander Borgia, Napoleon Bonaparte, Hitler und Stalin sind besonders markante Vertreter dieses Typus. Doch letzten Endes, wenngleich sie alle von derselben „alten Schlange“, dem Teufel, verführt wurden; sie scheiterten immer daran, dass die Zeit noch nicht gekommen war. „Wann wird dies alles geschehen?“ heißt es bei Daniel. Die Antwort lautet: „Wenn die Zerstreuung des heiligen Volkes ein Ende hat“. Gemeint ist das Volk Israel.
So wird demnach das letzte Glied in der Kette von vielen, wenn die Zeit gekommen ist, der „besondere Antichrist“ sein. Er wird dann kommen, wenn die Menschheit den „neuen babylonischen Turm“ bis zur höchsten, von Gott zugelassenen Spitze vorangetrieben hat, und wenn die Zeit der Nationen ihrem Ende entgegengeht und die Zerstreuung Israels aufhört.
Wie schon erwähnt, wurde Israel im Jahre 1948 wieder ein Staat. Bei Drucklegung dieses Buches haben wir 2016. In der Zwischenzeit hat Israel mehrere Kriege bestanden. Der Staat wird immer stärker, wenn auch zeitweise politische und wirtschaftliche Krisen überstanden werden müssen. Immer mehr Juden kehren in das Land der Väter zurück, auch wenn es Perioden gibt, in denen nur wenige zuwandern und viele das Land wieder verlassen.
Göttliche Weissagungen gehen fast täglich in Erfüllung. Wie lange wird es jetzt noch dauern, bis der „Reiter auf dem weißen Pferd“ erscheint?
In diesem Zusammenhang mag es nicht unwichtig zu sein, zu erwähnen, dass für die UNO ein Friedenssymbol geschaffen wurde: Ein weißes Pferd. Noch wagt es wohl keine Nation, einen aus den eigenen Reihen zum Reiter zu machen. Es mag aber symbolisch zum Ausdruck bringen, dass die Basis bereits geschaffen ist, auf der sich das Endzeitgeschehen aufbaut. Auch dieses Pferd wird seinen Reiter bekommen.
Jesus bringt das Gleichnis vom Feigenbaum, wenn er wieder Blätter gewinnt, und deutet dies auf das Volk Israel. Und in Bezug auf das Endzeitgeschehen sagt er: „Dies Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschehen ist“, (Matth. 24,23). So dürfen wir vermuten, dass die Generation, die die Rückführung des Volkes Israel aus allen Nationen der Welt miterlebt, auch die Wiederkunft Christi und das Offenbarwerden des Antichristen erleben wird.
Es ist auch nicht zu vermuten, dass der vorhergesagte Antichrist erst mit seinem „ruhmvollen Auftreten“ auf Erden Bedeutung gewinnt. Ohne spekulieren zu wollen: vielleicht existiert er schon, vielleicht hat er schon Rang und Namen, vielleicht schmiedet er schon seine geheimen Pläne und wartet auf den Tag X.
Es geht bei dieser Betrachtung nicht darum, Vermutungen über die Person des Antichristen anzustellen, das heißt ihn zu identifizieren. Sein Offenbarwerden wird ohnehin nicht im Winkel geschehen, sondern vor allen Augen. Vielmehr geht es darum, ihn zu charakterisieren, das heißt seine Eigenschaften und Taten anhand der Schrift festzustellen. In diesem Kapitel allenfalls im Hinblick auf das erste Siegel: „Der Reiter auf dem weißen Pferd.“
Lassen wir Johannes zu Wort kommen: „Und ich sah, dass das Lamm eines der sieben Siegel auftat, und ich hörte eine der vier Gestalten sagen, wie mit einer Donnerstimme: Komm! Und ich sah, und siehe, ein weißes Pferd. Und der darauf saß, hatte einen Bogen, und ihm ward gegeben eine Krone, und er zog aus sieghaft und dass er siegte“ (Offb. 6,1-2).
In dieser Gestalt sahen viele Ausleger vergangener Zeiten den wiederkommenden Christus. Das weiße Pferd und die Krone gaben offenbar den Ausschlag zu solcher Auslegung. Aber der Schein trügt. Hier mag es in unseren Ohren klingen, dass sich auch der Teufel in einen Engel des Lichtes verstellen kann, wenn es gilt, zu verführen.
Wir dürfen auch nicht vergessen, dass die Gefolgschaft des ersten Reiters keinen erfreulichen und trostvollen Charakter zeigt. Wie anders sieht es aus, wenn wir Offenbarung 19,11-16 damit vergleichen. Hier sehen wir tatsächlich den Herrn Jesus Christus auf einem weißen Pferd. Er hat viele Kronen auf seinem Haupt. Und jene, die ihm folgen, haben weiße Pferde und sind angetan mit weißer und reiner Leinwand.
Nein, der Reiter auf dem weißen Pferd in Kapitel 6 ist der Antichrist. Durch stürmische Aggression auf allen Gebieten des Weltgeschehens betritt er sieghaft die Weltbühne. Gott, der HErr, lässt dies zu. Es muss so geschehen. So wie sich in Jesus den Menschen die ganze Liebe Gottes offenbarte, so wird sich im Widerchristen die ganze Bosheit des Satans zeigen.
Der Mensch versucht schon sechstausend Jahre lang, die Welt in seinen Griff zu bekommen. Nie ist es gelungen. Bisher mussten alle Systeme an der Unzulänglichkeit des Menschen selbst zerbrechen. Man wollte Gott nicht zu Rate ziehen. So hat man zu aller Zeit dem Teufel gestattet, Berater und Intendant zu sein. Und jetzt, wo sich alles und auf allen Gebieten so weit entwickelt hat, dass der Mensch scheinbar nicht mehr weit davon entfernt ist, die letzten Geheimnisse Gottes zu ergründen, und der Teufel zum anderen weiß, dass seine Zeit bemessen ist, holt er zu einem letzten großen Schlag aus. Sicherlich nicht, weil er sich gegen Gott eine zweite Chance ausrechnet, sondern es scheint die letzte verzweifelte Tat eines Wahnsinnigen zu sein, der bereit ist, alles Greifbare mit ins Verderben zu reißen.
Der Reiter auf dem weißen Pferd wird einmal der sein, der sagen kann: ich und der Teufel sind eins! Es ist nicht gesagt, dass die Person des kommenden Weltenbeherrschers von Anfang an bereitwilliger Vasall Satans sein will. Aber es wird der Augenblick kommen, wo er die erlaubten Grenzen soweit überschreitet – Hochmut und Herrschsucht werden ihn dazu treiben – dass der Satan genauso in ihn fährt, wie es damals bei Judas Ischariot, dem Verräter, gewesen ist. Vielleicht wird auch sein Ende auf Erden, dem des Judas entsprechen.
Dass dieser Reiter eine Krone empfängt, bedeutet: er wird ein König, ein Herrscher sein. So lesen wir auch, dass der Widerchrist für kurze Zeit die Welt beherrschen wird. Sein Auftreten ist sieghaft, und zunächst siegt er auch, indem er die ganze Welt unterwirft.
Hier will der Satan der ganzen Menschheit noch einmal klarmachen: Ich bin der Herr dieser Welt und ich gebe ihre Reiche, wem ich will! Der Antichrist wird willig tun, was Jesus zurückgewiesen hatte, als der Teufel damals sagte: „Wenn du mich anbetest und vor mir niederfällst, dann will ich dir alle diese Reiche geben“ (Matth. 4,8-10).
Dass der Antichrist auf das Ansinnen des Teufels eingeht, kann diesem wohl kaum volle Befriedigung geben. Bei Jesus wäre das schon etwas Anderes gewesen, er ist Gottes Sohn, obgleich es schwer zu verstehen ist, wie der Teufel jemals hat denken können, dass Jesus auf ein so faden-scheiniges Angebot eingehen könnte. Aber wir können im Handeln der „alten Schlange“ den Spott und den Hass gegen Gott sehen.
Dies alles lässt der gerechte Gott zu. Er entreißt dem Teufel nicht das diesem einstmals Übertragene, als er noch Luzifer, ein Engel des Lichtes, war. Gott wartet bis alle überwunden haben, die sich für Jesus Christus und somit für Gott selbst und gegen den Teufel entschieden haben. Gott entreißt nicht; er überwindet! So erbringt er vor Menschen und Engeln erneut und in wunderbarer Weise den Beweis für seine unüberbietbare Gerechtigkeit.
Der Reiter hat einen Bogen in der Hand. Von Pfeilen wird wohl nichts gesagt, aber zu einem Bogen gehören sie wie der Ast zum Baum. Vielleicht befinden sie sich noch im Köcher. Es ist ein Kriegsgerät, das dürfen wir nicht vergessen, wenn sich der Besitzer vielleicht auch in scheinbare Humanität kleidet. Er tritt als Wohltäter auf. Oder als „endlich der, der wieder Ordnung schafft“. Er ist der „große, starke, weise Mann“. Er muss „leider“ auch kämpfen, um Frieden zu schaffen.
Im Bund mit Satan ersinnt er die Gräuel, die seine ihm auf dem Fuß folgenden Vasallen ausführen. – Pilatus wusch seine Hände in Unschuld, ließ aber Jesus geißeln und kreuzigen. Und denken wir an Hitler: Es ist nicht bekannt, dass er selbst einen einzigen Juden mit eigenen Händen erwürgt hätte.
Mit dem Reiter auf dem weißen Pferd beginnt die trübselige Zeit, die Zeit der „großen Versuchung“, die über den ganzen Kreis der Erde kommt, dass selbst, wäre es möglich, auch die Auserwählten verführt würden, so Gott diese Zeit nicht verkürzt.
Wie trostreich sind da die Worte zur Gemeinde in Philadelphia: „Weil du mein Wort mit Geduld bewahrt hast, will ich auch dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die kommen wird über den ganzen Weltkreis, zu versuchen, die da wohnen auf Erden“ (Offb. 3,18).
Vielleicht bedeutet dies, dass die Gläubigen mit einer „Philadelphia-Gesinnung“ nicht die ganze Bitterkeit antichristlicher Machenschaften schmecken müssen, im Gegensatz zu den saumseligen Gotteskindern. Gibt es doch das Wort: „… selig, die in dem HErrn sterben von nun an“ (Kapitel 14,13).
Wie es aber auch sei: es heißt, dass der Widerchrist die Heiligen, die bei seinem Auftreten und Wirken auf Erden gefunden werden, überwinden wird. Aber wir müssen das nach Luthers Meinung so sehen: „Nehmen sie den Leib, Gut, Ehr’, Kind und Weib; lass fahren dahin, sie haben’s kein Gewinn, das Reich muss uns doch bleiben!“
Für uns Gotteskinder gilt die Parole: Seid wachsam! (Mark. 13,37). Wir dürfen die Dinge um uns herum anhand des Wortes Gottes beurteilen. Je näher das Ende kommt, desto mehr werden die Verständigen Verstand darüber gewinnen (Dan. 12). Was immer auch sein mag, eines ist wichtig: Wir müssen uns mit Gottes Geist erfüllen lassen. Nur so können wir dem Weltgeist widerstehen. Nur so können wir den kommenden Antichristen erkennen und werden ihm nicht dienen.
Der Reiter auf dem weißen Pferd in Offenbarung, Kapitel 6, muss der Widerchrist sein. Die Basis für ihn müsste, wenn wir das richtig verstehen, ein wiedererstehendes, römisches Imperium sein. Das Kerngebiet eines solchen Reiches wäre dann Europa.
(Während ich diesen Aufsatz überarbeitete, Herbst 1983, wurden Stimmen in Ost und West laut, ob es richtig sei, den Sitz der UN ständig in New York zu belassen. Der Präsident der USA, Ronald Reagan, schlug sogar vor, die UN sollte abwechselnd jeweils 6 Monate in New York und Moskau tagen. Es wird sicherlich aus verschiedenen Gründen nicht so weit kommen. Aber ob man sich auf einen Kompromiss verstehen wird? Ob man eine Stadt zum Sitz der UN machen wird, die zwischen den Blöcken zu finden ist? Das könnte eine europäische Stadt sein! – Wollen wir es abwarten und die Dinge gewissenhaft beobachten).
Anmerkung: Bis heute haben sich viele Dinge ereignet. Durch den Fall der „Mauer“ und des „eisernen Vorhangs“ wurde die „Schwertwunde“ geheilt, welches Europa geteilt hatte. Dadurch hat sich die Landkarte Europas im Osten und im Südosten sehr verändert. Das von mir 1983 erwähnte Wiedererstehen eines „Römischen Imperiums“, das damals schon Konturen zeigte, hat inzwischen Gestalt angenommen.
Ob die Person des Antichristen vielleicht ein Jude ist, wie manche auslegen? Jesus war auch ein Jude. Wie könnte so etwas geschehen? – Jesus sagte einmal zu seinem Volk: „Ich komme in meines Vaters Namen und ihr nehmt mich nicht an; wenn jemand in seinem eigenen Namen kommen wird, den werdet ihr annehmen.“ Ob hier der Schlüssel zu dem Geheimnis verborgen liegt? Vielleicht.
Es ist schwer zu glauben, dass Israel jemals einen aus den Nationen annehmen wird. Vorübergehend, in Verkennung, werden sie dem Antichristen zujubeln, als wäre er der Messias. Er hilft ihnen in einer schwierigen Situation. Doch dann erkennen sie die Falle. Dann werden sie Jesus, den wahren Messias, herbeirufen, und er wird kommen!
Dass es schon große Männer mit antichristlicher Gesinnung gegeben hat, die Juden waren, das wissen wir. Selbst Papst Alexander VII. Borgia war spanischer Jude. Das Geheimnis der Bosheit regt sich heimlich (2. Thess. 2,7). In geheimen, meist okkulten Zirkeln wird schon längst an den geistlichen Waffen des Teufels für die Endzeit geschmiedet. Und unter den Schmieden gibt es die einflussreichsten Männer, die in Politik und Wirtschaft das eigentliche Sagen haben. Der Tag wird kommen, da wird das Boshafte offenbar!
„Wenn ihr dies alles seht, so erhebet eure Häupter, darum, weil sich eure Erlösung naht“ (Luk. 21,28).